Benedettos blauen Schuhe
Die Puppe von Benedikt XVI. war bereits festes Ensemblemitglied im Fundus des Puppenspielers Christoph Maltz. Nach der Absage wird sie wohl erstmal in der Kiste ausharren müssen. Foto: Hubert Lankes

Papst-Rücktritt stoppt Theaterstück

Am Freitag sollte in Regensburg das Stück „Benedettos blaue Schuhe“ aufgeführt werden.
Doch der papstkritische Puppenspieler Christoph Maltz sagte es nun ab.

 

VON PASCAL DURAIN, MZ

REGENSBURG. Die Mail, die Puppenspieler Christoph Maltz am Dienstag verschicken muss, ist kurz und knapp: „Aufgrund der aktuellen Ereignisse im Vatikan muss ich die geplanten Aufführungen von Joseph Berlingers Stück „Benedettos blaue Schuhe“ leider absagen.“ Der Vatikanthriller mit fünf Puppen wird am Freitag also keine Premiere im Brandl-Bräu in der Regensburger Ostengasse feiern.
Darum sollte es gehen – zumindest laut Pressetext: „Geheimnisvolle Post kommt eines Morgens in den Vatikan: ein Paket mit blauen Schuhen. Ohne Absender, ohne Gruß. Ratzinger, Gänswein und Müller sind ratlos. Soll die wilde Gabe bedeuten, dass der Oberhirte die falschen Schuhe trägt? Dass gar die Katholische Kirche den falschen Weg geht? Und wer steckt hinter dieser stummen, gar nicht frohen Botschaft?“

 

Der Papst als Mensch
Die Antworten auf diese Fragen werden vorerst noch geheim bleiben. Warum das Stück nicht aufgeführt wird, liegt an den moralischen Bedenken des einzigen Darstellers beziehungsweise Performers: Christoph Maltz. Nach den jüngsten Entwicklungen hätte er sich nicht wohl gefühlt, „einen alten, kranken Mann durch den Kakao zu ziehen.“ Die Satire habe sich gegen den Papst als Amts- und Würdenträger gerichtet – doch durch seinen Rücktritt habe das Ganze eine menschliche Seite bekommen. Das Stück wäre inhaltlich obsolet geworden, sagt Maltz. „Bei Kunst geht es mir darum, selbst Freude daran zu haben. Das wäre mir hier abhandengekommen.“
Zwar hätte sich durch die krasse Öffentlichkeit die Aufführung finanziell sicher gelohnt, doch diverse künstlerische oder persönliche Abwägungen seinerseits hätten einfach dagegen gesprochen. Maltz bereut diese Entscheidung nicht, aber es tue ihm leid, dass alle Mitwirkenden, die wahnsinnig viel Kraft in das Projekt gesteckt hätten, nicht erleben können, wie es aufgeführt wird. Sollte sich ein anderer Puppenspieler finden, stelle er diesem gerne sein Equipment zur Verfügung.
Von dieser Lösung hält Autor und Regisseur Joseph Berlinger nicht viel. „Das Stück steht und fällt mit Christoph“, sagt er. Denn Maltz sei in der vergangenen Woche in der Darstellung der Figuren über sich hinausgewachsen. Berlinger sei daher sehr, sehr unglücklich über die Entscheidung seines Freundes. Und seiner Meinung nach gebe es keinen passenderen Zeitraum, um „Benedettos blaue Schuhe“ vorzuführen. „Das Stück war eine Hommage an einen amtsmüden Papst. Man kann es tatsächlich als ein liebvolles Porträt bezeichnen.“


„Wir haben noch gelacht“
Benedikt XVI. wäre als Mensch gezeigt worden, der sich ständig zurückziehen will, dem alles zu viel wird. Es geht also genau um eben jenen Eskapismus, den Joseph Ratzinger nun gezeigt habe. Mit ein paar einfachen Sätzen hätte man das Stück so aktualisieren können, dass alles perfekt gewesen wäre. Zwar habe er am Dienstagmorgen noch versucht, Christoph Maltz zum Umdenken zu bewegen, doch es sei ihm nicht gelungen. „Ich muss diese Entscheidung akzeptieren, Freunde bleiben wir natürlich trotzdem.“ Und Berlinger bleibt optimistisch. „Das muss nicht unbedingt heißen, dass das Stück überhaupt nicht aufgeführt wird. Wenn, aber nur mit Christoph.“
Eva Sixt sieht das „realistischer“, sagt sie – die Dramaturgin der Ein-Mann-Fünf-Puppen-Komödie hält eine Aufführung auch in ferner Zukunft für ausgeschlossen. Nach dem der Rücktritt öffentlich wurde, hätten sich die Beteiligten zusammengesetzt und darüber gelacht, dass es keine bessere Publicity hätte geben können. „Wir haben gemerkt, dass dem Stück überhaupt nichts fehlt.“ Die Argumente Christoph Maltzs, also des Mannes, der als einziger auf der Bühne stehen sollte, habe sie nicht nachvollziehen können. „Lassen wir mal die Kirche im Dorf: Das ist kein drei Stunden langes Doku-Theater. Und da wird kein alter Mann durch den Kakao gezogen, auf der Bühne steht eine Holzfigur.“ Man müsse schon noch zwischen Realität und Theater unterscheiden können. „Benedettos blaue Schuhe“ sei eine Komödie über menschliche Schwächen, die „veryentertaining“ gewesen wäre.

(Mittelbayerische Zeitung, 12. Februar 2013)